Das 1912 von Henriette Hertz gegründete Forschungsinstitut für italienische Kunstgeschichte gehört zu den renommiertesten in ganz Italien. Sie stiftete sowohl den Palazzo Zuccari als auch die gesamten Bücher der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, deutsche Institution zur Förderung der Wissenschaft, die seit 1948 in der Stiftung Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft zusammengeschlossen ist. Zum Gebäudekomplex des trapezförmigen Grundstücks zwischen der Via Sistina und der Via Gregoriana gehören der Palazzo Zuccari mit seinem Bibliotheksgebäude und der Palazzo Stroganoff mit Sitz der Fotothek.
Die Büchersammlung
Die Bibliothek des Institutes zählt zu den weltweit ältesten und vollständigsten wissenschaftlich-systematischen Büchersammlungen zur Kunst und Kulturgeschichte Italiens. Sie umfasst ca. 360’000 Werke, darunter knapp 1’000 laufende Zeitschriften. Der jährliche Zuwachs beträgt etwa 6’500 Titel. Schon die Büchersammlung von Henriette Hertz enthielt eine Vielzahl seltener Druckerzeugnisse. Dieser Grundbestand wurde seitdem in ausgewählten Bereichen systematisch ausgebaut. Zu nennen sind vor allem Romliteratur, Architekturtheorie, Topographica und Reiseliteratur zu Italien. Diese Schwerpunkte werden derzeit um die Themen Reisen im Mittelmeerraum sowie um Literatur und Quellen zur kolonialen Vergangenheit Italiens in Afrika erweitert. Mit einem Bestand von mehr als 87’000 Fotopositiven und Negativen sowie digitalen Aufnahmen zur italienischen Kunst und Architektur von der Spätantike bis in die Gegenwart gehört die Fotothek weltweit zu den führenden Archiven.
Zutritt
Der Zugang erfolgt leider nur mit gültigem Benutzerausweis. Voraussetzung ist die Promotion oder ein vergleichbarer Abschluss im Fach Kunstgeschichte oder einer benachbarten Disziplin. Ab und zu wird die Bibliothek für besondere Events oder Führungen geöffnet.
Verlauf der Bauphase von 1994 bis 2012
Im Jahr 1994 hatte man sich für einen Bibliotheksneubau anstelle des statisch und brandschutztechnisch unzureichenden Bibliotheksflügels aus den 1960er Jahren entschieden.
Die Umbauarbeiten an der Biblioteca Hertziana gelten als eine der interessantesten architektonischen Eingriffe dieser Art, die in Italien durchgeführt wurden. Dies ist auf viele Aspekte zurückzuführen: den besonderen Standort bei Trinità dei Monti oberhalb der Spanischen Treppe, den Sieg des Designwettbewerbs von Juan Navarro Baldeweg, die architektonischen Lösungen, die Schwierigkeiten in der Umsetzungsphase und die Bewältigung aller damit verbundenen Probleme.
Die bestehende Bibliothek, die 1962 auf dem Gelände des ursprünglichen Gartens des Palazzo Zuccari erbaut wurde, um das berühmte Portal «Mascherone» einzumauern, konnte einerseits dem imposanten Buchbestand nicht mehr gerecht werden und entsprach andererseits nicht den geltenden Vorschriften im Bereich Sicherheit und Brandschutz.
Das Max-Planck-Institut entschied sich in der Folge, in die Reorganisation der Bibliothek zu investieren und startete einen internationalen Designwettbewerb, der den Abriss des bestehenden Bauwerks und die Rekonstruktion der notwendigen Räume umfasste.
Den Wettbewerb gewann der in Madrid ansässige Architekt Juan Navarro Baldeweg, dessen Projekt von einem zentralen, offenen Innenhof geprägt ist. Auf drei Seiten ist er durch ein hohes Strukturglasfenster und auf der anderen Seite durch eine schräge Ziegelwand abgeschlossen. Neben der Wiederherstellung des imposanten Eingangs mit der charakteristischen Maske (Mascherone) umfasste der Neubau mehrere Stockwerke mit Büchergestellen und Lesesälen sowie eine Terrasse im Obergeschoss mit spektakulärem Ausblick auf die Altstadt von Rom.
Im Dezember 2001 wurde die Bibliothek für die anstehenden Bauarbeiten geschlossen und 70’000 Bände in die Galleria Nazionale d’Arte Moderna ausgelagert. Stolz ist man, dass der Bibliotheksbetrieb trotz der umfassenden Bauarbeiten nie eingestellt worden ist.
Die Ziegelwand im Innenhof zeichnet sich durch eine Oberflächenbehandlung (ein weisser Kalkputz) aus, die eine stärkere Reflexion des einfallenden Lichts ermöglicht und die unregelmässige Struktur nicht verdeckt. Das Licht, die Backsteinziegel, der Travertin und das Ahornholz sind die unbestrittenen Protagonisten des Projekts. Baldeweg sprach von «luz es materia» (Licht bedeutet Materie). Die Glaswand gewährleistet eine maximale Transparenz, die mit den Bedürfnissen der statischen, klimatischen und natürlichen Beleuchtung vereinbar ist. Die Sonneneinstrahlung zu verschiedenen Tageszeiten und in verschiedenen Jahreszeiten wurden untersucht, um ein vollständiges Bild der gesamten Bandbreite der Auswirkungen auf das Glas zu erhalten.
Die Ausführung der Arbeiten erfolgte vom Architektenbüro Da Gai unter der Aufsicht von Baldeweg. Die unvorhergesehenen Ereignisse und Schwierigkeiten während der Bauphase haben die Ausführung der Arbeiten vehement beeinflusst. Die mehr als 10 Jahre, die bis zur Einweihung des Gebäudes benötigt wurden, sind der Beweis dafür.
Das Hauptproblem bestand darin, dass im Untergrund des Bereichs, auf dem sich die neue Bibliothek befindet, die Überreste einer römischen Villa entdeckt wurden. Zum Vorschein kamen unter anderem Mauerwerk, polychrome Wandmosaike, Marmorböden und Freskenstrukturen. Der Grundriss der neuen Bibliothek ermöglichte es, den Untergrund des Gebäudes und damit die archäologischen Funde freizulegen.
Jubiläum
Im Jahr 2013 feierte die Hertziana zwei besondere Anlässe.
Nach zwölf Jahren Bauzeit und Gesamtkosten von 20 Mio. EUR wurde der Bibliotheksneubau eingeweiht und am 15. Januar 2013 das neue Bibliotheksgebäude nach dem Entwurf von Juan Navarro Baldeweg feierlich eröffnet. Kurz darauf feierte die Bibliotheca Hertziana ihr 100-jähriges Bestehen. Also alles «just in time»!