Speraggio – Telenovela um den römischen Weihnachtsbaum
Nach dem Desaster des vergangenen Jahres (der Weihnachtsbaum hatte auf dem Transport nach Rom unzählige Nadeln verloren), haben Experten dieses Mal die am 29. November in den Wäldern der Provinz Varese geschnittene 23 m hohe und 40 Jahre alte Nordmann-Tanne besonders umsorgt. In Anlehnung an IKEA-Möbel, wie gespottet wird, sägten sie Hauptäste vor Ort ab, um die so kostbaren Nadeln nicht zu verlieren, und dann am Bestimmungsort in Rom in einigen Tagen intensiven Bastelns Stück für Stück zusammengesetzt.
Seit Wochen ist die Geschichte bereits Gegenstand eines Fortsetzungsromans in den (Social)-Medien. Nicht nur Locals folgen dieser Telenovela um den Erben von Spelacchio (Glatzkopf), wie der Baum im Vorjahr getauft wurde.
Gestern am 8. Dezember, wie es die Tradition will, war es dann soweit: Dekoriert mit 500 roten und silbernen Kugeln wurde der Baum auf der Piazza Venezia eingeweiht und soll bis zum 6. Januar durchhalten und Bella Figura (eine gute Figur) abgeben.
Keineswegs der Tradition entspricht die Tatsache, dass der Baum gesponsert ist und dass es sich beim Sponsor um Netflix handelt. 60’000 Lichter, niedrig energiekonsumierende LED-Lampen, bringen den Albero di Natale zum Strahlen und die Schatten, welche über die bisherige Amtsperiode der römische Bürgermeisterin liegen, sollen die Phase 2 der Stadtregierung einleiten.
Zumindest die Schande aus dem Vorjahr um den armseligen Baum, der in die Geschichte eingegangen ist, darf nicht wiederholt werden. Und seinen Namen hat der Weihnachtsbaum 2018 auch schon: Speraggio – in Anlehnung an Spelacchio ein Wortspiel zwischen Speranza (Hoffnung) und Raggi (Virgina Raggi – Bürgermeisterin von Rom).
Netflix ist der Lichter-Werbe-Spass € 376’000 wert und weiss geschickt in ganzseitigen Zeitungsannoncen mit dem Slogan «Ich bin bereit für das Spektakel, Spelacchio» zu werben.
Ob da Weihnachtsstimmung aufkommt oder der nächste Flop schon vorprogrammiert ist? Entscheiden Sie selber. Eines ist gewiss, ihren Humor bewahren sie – die Römerinnen und Römer.